Interaktion mit Technik: Kurze Lust, langer
Frust
Zu diesen Ergebnissen kamen die Psychologen Nils Backhaus
und Stefan Brandenburg vom Fachgebiet Kognitionspsychologie
und Kognitive Ergonomie der Berliner Technischen Universität.
Bei ihren Experimenten untersuchten sie Emotionen und ihre
Dynamik in der Mensch-Technik-Interaktion. Der Zusammenhang
von Emotionen und der Bedienbarkeit eines technischen Gerätes
ist gut erforscht. Kaum berücksichtigt aber wurde bislang,
dass der Mensch in die Interaktion mit einem technischen
Artefakt nicht stimmungsneutral hineingeht, sondern sich
bereits in einer irgendwie gearteten Gefühlslage befindet.
“Uns interessierte, wie sich diese Emotionen im Verlauf einer
weiteren Interaktion verändern”, erklärt Stefan
Brandenburg.
Positive und negative Stimmungslagen Für ihre
Versuche mussten die Wissenschaftler erst einmal eine
Stimmungslage künstlich erzeugen und zwar mit
unterschiedlichen Wertigkeiten (Valenz): einer positiven und
einer negativen. Hierbei verwendeten Nils Backhaus und Stefan
Brandenburg eine Spielekonsole zur gezielten Erzeugung von
Emotionen. Die Aufgabe für die Probanden bestand darin, einen
Avatar in einem Kart beziehungsweise auf einem Motorbike über
einen Parcours mit Hindernissen zu steuern. Für die eine
Gruppe der Versuchspersonen wurde die Spielekonsole so
präpariert, dass sie einfach zu bedienen und fehlertolerant
war, sodass sich die Rennstrecke leicht bewältigen ließ. Bei
der anderen Gruppe hatten die Psychologen die Bedienbarkeit
der Spielekonsole viel komplexer gestaltet. Dadurch wurde es
weitaus schwieriger, die Rennstrecke zu absolvieren.
Dementsprechend frustriert waren die Probanden der zweiten
Gruppe nach der zehnminütigen Fahrt. Die erste Gruppe hingegen
war freudig gestimmt. |
Die gute Laune sinkt In diesen
Stimmungen, die einen freudig, die anderen frustriert, begaben
sich die Probanden in den zweiten Teil des Experiments – die
Bedienung eines Tablets. Alle hatten die gleichen Aufgaben zu
lösen: Es mussten ein Kontakt in ein Adressbuch und ein Termin
in den Kalender eingetragen und die Helligkeit eingestellt
werden. Ergebnis: Die gute Laune bei den positiv gestimmten
Probanden sackte signifikant ab. Bei den bereits Frustrierten
veränderte sich die Gefühlslage nicht. Sie verharrten in ihrer
negativen Stimmung. “Interessant ist das Ergebnis auch
insofern, als dass wir aus den langjährigen Forschungen am
Fachgebiet zum Zusammenhang von Technik und Emotion wissen,
dass es leichter ist, Menschen mit Technik zu frustrieren, als
sie zu beflügeln”, sagt Stefan Brandenburg.
Positiv gestimmte Menschen sind kreativer Eine
Erklärung für den Befund ist nach Ansicht der Wissenschaftler
der Wechsel zu einer anderen Art von Herausforderung. “Denn
war die erste Mensch-Technik-Interaktion ein relativ freies
Spiel mit der Spielekonsole, musste im zweiten Teil des
Versuchs eine offenbar wenig anregende, strukturierte
Alltagsaufgabe gelöst werden. Diese an einen Arbeitskontext
erinnernde Pflicht könnte die positive Stimmung der ersten
Gruppe schnell neutralisiert haben”, erläutert Nils Backhaus.
“Die Fragilität positiver Emotionen mag dafür verantwortlich
sein, dass der Einfluss von Emotionen generell unterschätzt
wird. Aber Gefühle entscheiden über Akzeptanz, Nutzung und die
Bewertung technischer Produkte.” Die Nutzerin beziehungsweise
der Nutzer würdigt nicht, dass Technik funktioniert. Das setzt
er voraus. Entscheidend sei, so Stefan Brandenburg, dass die
Benutzung eines technischen Gerätes positiv erlebt werde. “Und
positive Emotionen, das hat die Forschung nachweisen können,
verbessern die Informationsaufnahme. Ist der Mensch positiv
gestimmt, ist er kreativer.”
Weitere
Informationen auf der Website der TU
Berlin |